Frischer Meeresfisch aus der Region
htw saar Magazin „sichtbar“
Sobald die Wolfsbarsche entdecken, dass jemand in ihr Becken schaut, entsteht ein Tumult, der das Wasser aufpeitscht: Sie hoffen, jetzt gibt es Futter. Bei SEAWATER Cubes steht ein großes Becken mit drei Bereichen, in denen Wolfsbarsche in ihrer jeweiligen Wachstumsstufe schwimmen. Ein ganzes Jahr braucht es, bis ein Wolfsbarsch reif für den Verzehr ist. »Dass wir jetzt auch Fisch verkaufen, war unvermeidlich, denn er wurde sehr stark nachgefragt«, sagt Carolin Ackermann, Mitgründerin und CEO von SEAWATER Cubes.
Das eigentliche Grundkonzept ist ein anderes: Aquakulturtechnik bereitzustellen, um frischen Seefisch zu einem regional verfügbaren Lebensmittel zu machen.
Die Idee war an der htw saar gewachsen. Ausgediente Hochsee-Transportcontainer werden zu Kreislaufanlagen für eine nachhaltige Fischzucht umgebaut, bei der alle Prozesse wie Umwälzung des Wassers und regelmäßige Futterzufuhr automatisiert ablaufen. Das ermöglicht es einer Vielzahl von Anbietern, selbst frischen Seefisch zu züchten und anzubieten. Der anfangs angesprochene Einzelhandel zeigt allerdings bisher kein Interesse, seinen eigenen Fisch zu produzieren, der Aufwand sei zu groß. Dabei ist ein SEAWATER Cube in zwei Monaten produziert und in längstens drei Tagen vor Ort aufgestellt. Auch Landwirte, die ihr eigenes regionales Angebot ergänzen sollten, zögern noch.
Stattdessen spricht der Vertrieb jetzt Projektentwickler an, die in ›Urban Farming‹- Projekte investieren oder sich neue Geschäftsfelder erschließen wollen. »Wir waren der Zeit voraus mit unserer Idee. Die Nachfrage nach frischem Fisch steigt weiter, ebenso die Nachfrage nach nachhaltig in der Region produzierten, hochwertigen Lebensmitteln, und genau das können wir liefern«, so Carolin Ackermann weiter.
Noch ein Vorteil: Im Wasser des SEAWATER Cubes findet sich garantiert kein Mikroplastik. Deshalb arbeitet das Team von SEAWATER Cubes nun an einem Franchise-Konzept, das ein Shop- System beinhaltet, weil sich gezeigt hat, dass das Interesse der Verbraucher am regional gezüchteten Seefisch enorm ist. Dann wird wie in Saarbrücken auch der Online-Shop mit einem Outlet vor Ort kombiniert. Bei Städten, in denen die Produktion außerhalb des Stadtkerns liegt, ist dann eine Verkaufsstätte im Stadtzentrum sinnvoll.
Das Wasser in den Becken bei SEAWATER Cubes bleibt zu 99 Prozent in einem geschlossenen Kreislauf. Ein Prozent geht durch Verdunstung und bei der Reinigung verloren und wird frisch zugeführt. Die Entwickler arbeiten daran, den Energieverbrauch weiter zu reduzieren und wo immer möglich auf erneuerbare Energien zu setzen, um eine energieautarke Fischzucht zu realisieren. Da Fisch den niedrigsten ökologischen Fußabdruck aller auf tierischem Eiweiß basierenden Lebensmittel aufweist, wird ein äußerst hohes Maß an Nachhaltigkeit erreicht. SEAWATER Cubes verfügen gleichzeitig über optimale Haltungsbedingungen für den Fisch. Die Züchtung ist artverträglich, und die Tiere sind keinerlei Stress ausgesetzt. Das wirkt sich auch positiv auf die Qualität aus: Die ist erstklassig — sogar ›Sashimi-Qualität‹, und das bedeutet, der Fisch kann roh verzehrt werden. Kein Wunder, dass die Nachfrage nach Seefisch aus Saarbrücken steigt. Inzwischen gibt es den Wolfsbarsch als ganzen Fisch oder filetiert, ab Herbst auch geräuchert, und eine Fischsuppe ist im Angebot. Weitere Produkte wie ein Fischfond folgen.
Erfolgskonzept interdisziplinäres Arbeiten
Die beiden männlichen Gründer Steinbach und Wagner kennen sich von der htw saar aus dem Labor Aquakultur, welches an das Institut für physikalische Prozesstechnik (IPP) angegliedert ist. In dem Labor wird seit einigen Jahren sowohl an Fischen und deren Zucht sowie an hochtechnischen, geschlossenen Kreislaufsystemen gearbeitet. So hat Prof. Dr. Uwe Waller als Meeresbiologe in seinem Bereich Aquakultur und Bioprozesstechnik den Austausch zwischen den Disziplinen an der htw saar gefördert. Mit Prof. Dr. Frank Hälsig von den Wirtschaftswissenschaften kamen der Kontakt zu Carolin Ackermann und die Vertriebsexpertise in das Team. Carolin Ackermann, Marketing und Betriebswirtschaft, Christian Steinbach, Verfahrenstechnik, und Elektroingenieur Kai Wagner kombinieren ihre Expertisen optimal. Als Mentor unterstützt Prof. Waller das wachsende Team auch weiter. Zurzeit geht es neben der Entwicklung des Vertriebs auch darum, weitere Fischarten für die Zucht auszuprobieren. Aktuell schwimmt eine Gruppe Barramundi-Fische in einem separaten Beckenbereich. Auch an die Zucht von Black-Tiger-Garnelen wird gedacht.
Für die jungen Unternehmerinnen und Unternehmer bei SEAWATER Cubes gibt es also noch viel Arbeit. »Zum Glück«, meint Carolin Ackermann, die am Unternehmertum vor allem schätzt, unabhängig zu sein, eigene Ideen verwirklichen und ihre persönliche Note einbringen zu können. Gründern empfiehlt sie, »besser unperfekt zu starten als perfekt zu warten«. Fehler machen gehört zum Lernprozess unbedingt dazu, umso wichtiger ist es, öfter Feedback von außen und unabhängige Meinungen einzuholen. Dazu gehört auch der Austausch mit anderen Start-ups. Und es ist wichtig, mit den richtigen Partnern loszulegen. Mit einem müsse man sich jedoch abfinden: »Fast alles dauert länger als geplant.« Wenn dann der Weg eine erfolgreiche Richtung einschlägt, hat sich diese Zeit doch gelohnt.
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