Frische Meeresfische aus dem Saarland
Saarbrücker Zeitung
Im Stadtteil Burbach entwickelt das Start-up SEAWATER Cubes Anlagen für die Fischzucht. Diese sollen viele Probleme der Fischerei lösen.
Bestellt man heutzutage in einem Saarbrücker Restaurant Fisch, so ist die Wahrscheinlichkeit gar nicht mal so gering, dass dieser nicht aus dem Meer kommt, sondern vor kurzer Zeit noch in einer Fischzuchtanlage in Saarbrücken-Burbach geschwommen ist. Was für manch einen vielleicht noch ungewöhnlich klingt, ist für die Gründer des saarländischen Start-ups SEAWATER Cubes die Zukunft.
„In fünf bis zehn Jahren wird kein Fisch mehr aus dem Meer kommen, der die Bevölkerung ernährt“, sagt Carolin Ackermann. Die Betriebswirtin hat das Unternehmen zusammen mit den beiden Ingenieuren Christian Steinbach und Kai Wagner gegründet. „Die Menschen werden noch lange auf tierisches Protein angewiesen sein“, hält Ackermann fest. „Davon ist Fisch das ressourcenschonendste und beste, was es gibt.“ Größere Kreislaufanlagen für Fischzucht verbreiten sich immer weiter, im etwas kleineren, vollautomatisierten Bereich ist SEAWATER Cubes nach eigenen Angaben allerdings der einzige Anbieter – und das europaweit.
Die Idee dafür entwickelten Steinbach und Wagner während ihres Studiums an der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes (HTW) und ihrer Arbeit als wissenschaftliche Mitarbeiter an der großen Fischzuchtanlage in Völklingen. Realität wurde der erste Prototyp, nachdem sich die beiden mit Marketing-Expertin Ackermann zusammentaten und erfolgreich bei dem Exist-Programm des Bundeswirtschaftsministeriums eine Förderung beantragten. Bereits im August 2018 folgte die Firmengründung. „Ohne externe Hilfe bekommt man so ein Projekt nicht gestemmt“, sagt Steinbach. Nach der Exist-Startfinanzierung wurde SEAWATER Cubes unter anderem auch vom Business-Angels-Gründerfonds im Saarland sowie von der Saarländischen Wagnisfinanzierungsgesellschaft unterstützt.
Das Team des Start-ups ist seitdem gewachsen und umfasst mittlerweile zwölf Mitarbeiter, darunter sieben in Vollzeit. Vom Erfolg ist Ackermann überzeugt, die generelle Entwicklung in der Gesellschaft spreche für ihr Konzept. „Unsere Generation ist die erste, die erkennt, dass sie was ändern muss“, sagt sie. „Wir haben Klimawandel, die Meere sind überfischt und es schwimmt immer mehr Plastik in den Ozeanen rum.“ Probleme, die man bei Fisch aus einer Zuchtanlage nicht hat. „Unsere Fische wachsen ohne den Einfluss von Mikroplastik oder Schwermetallen auf, und wir verzichten auf Antibiotika, weil wir eine sehr gute Kontrolle über die Reinheit unseres Wassers haben“, erklärt Ackermann.
Dazu komme der Lieferweg, den ein Meeresfisch zurücklegt. „Unser Fisch wird heute geschlachtet und ist morgen schon auf dem Teller“, sagt Ackermann. Beim Fisch von der Supermarkt-Theke wisse man dagegen weder, wo er genau herkomme, noch, wie lange er unterwegs gewesen sei. Darüber hinaus sei das Tierwohl, sowohl in der Aufzucht als auch in der Verarbeitung, einer der wichtigsten Aspekte im Vertrieb. Von der maximal erlaubten Besatzdichte bleibe man absichtlich „ein gutes Stück weg“, damit die Tiere weniger Stress hätten, erklärt Ackermann. Die Schlachtung erfolge dann per Elektrobetäubung: „die schonendste Verfahrensweise zum Schlachten“, so Ackermann.
Die vollautomatisierte Anlage übernimmt die meisten Arbeiten bei der Aufzucht, ohne dass der Betreiber viel tun muss. „Jeder Handgriff, der finanziell sinnvoll automatisch gelöst werden kann, ist auch automatisch gelöst“, erklärt Steinbach. Die Anlage erkenne zum Beispiel genau, wann die Fische wie viel Futter brauchen. Der Betreiber müsse dann nur noch Futter nachfüllen. „Ein bisschen Grundkenntnis und Affinität zur Technik sollte aber schon da sein“, schränkt der Ingenieur die Voraussetzungen für den Betrieb der Anlage ein. Da in der Anlage Tiere leben, die auch geschlachtet werden, müsse man außerdem nachweisen können, dass man das sachgerecht kann. „Dazu braucht man hier im Saarland als Befähigung den Angelschein“, erklärt Steinbach, in anderen Bundesländern stellenweise abweichende Formulare.
Der Verkauf von Fisch an Restaurants und private Abnehmer in der Umgebung ist für die drei jungen Gründer derweil eigentlich nur „Zubrot“. Ziel ist es, die Anlagen an sich zu verkaufen. Durch die für dieses Jahr geplante Serienproduktion machte die Pandemie allerdings einen Strich. Man müsse jetzt mit der Akquise noch einmal neu anfangen, gibt Ackermann zu. Ursprünglich konzentrierte sich Seawater Cubes auf traditionelle Landwirte als Zielgruppe für die Anlagen, für das nächste Jahr sei man jetzt eher mit Investoren und Unternehmern im Gespräch, die Projekte in der „urbanen Landwirtschaft“ planten. Ziel sei, mehrere Anlagen in deutschen Ballungsgebieten aufzubauen und sich dort dann jeweils direkt ein größeres Produkt-Portfolio aufzubauen. Die Investorensuche sei aber nicht leicht, auch weil das Thema Fischzuchtanlage noch mehr „in der Gesellschaft ankommen“ müsse, sagt Ackermann. „Wir sind mit unserem Produkt leider immer noch vor der Zeit.“ Die wenigsten Menschen würden aktuell die Notwendigkeit für die Anlagen sehen. Dennoch sind die Gründer von SEAWATER Cubes optimistisch, was den zukünftigen Weg des Unternehmens angeht. In fünf Jahren sieht Ackermann das saarländische Start-up „im Markt angekommen“ und europaweit vernetzt. „Und im besten Fall sind wir dann auch die erste Anlaufstelle, wenn sich jemand einen schönen Abend mit einem leckeren Fisch machen will.“
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