Fisch statt Steak

Schwä­bi­sche Wirtschaft
Die Zucht­an­la­ge von SEAWATER Cubes in Saar­brü­cken: 250 000 Euro soll so eine Anla­ge, opti­miert für die Auf­zucht von Wolfs­barsch und Dora­de, kos­ten. Die Unter­neh­mer wol­len in den nächs­ten zehn Jah­ren bun­des­weit 120 sol­cher Cubes ausliefern. 

Die ers­ten 500 Fische vom Land sind bereits ver­kauft, Anfang Dezem­ber ging es los. Ein wenig stolz klingt es, als Caro­lin Acker­mann das erzählt. Es ist eine klei­ne Sen­sa­ti­on. Nicht wegen des Prei­ses. Der gan­ze Wolfs­barsch, aus­ge­nom­men rund 400 Gramm, kos­tet 11,40 Euro, die geräu­cher­te Vari­an­te 16,90 Euro. Das Beson­de­re: Die Mee­res­fi­sche sind weit ent­fernt von der Küs­te groß gewor­den – in Saar­brü­cken. Acker­manns Plan: Sie will Bau­ern das Fischen bei­brin­gen. Gute Idee? Wolfs­barsch wer­de fang­frisch ange­bo­ten, sagt Acker­mann. Ein­mal pro Woche wür­den die Tie­re auf Vor­be­stel­lung und per Hand gefischt. Zusam­men mit einem Maschi­nen­bau­in­ge­nieur und einem Auto­ma­ti­sie­rungs­tech­ni­ker hat sie das Start-Up Sea­wa­ter Cubes gegrün­det. Sie selbst ist für Finan­zen, Mar­ke­ting und Ver­trieb zuständig.

Wis­sen­schaft­ler suchen schon seit Lan­gem nach einem öko­lo­gi­schen Weg, Fische zu züch­ten. Der Reich­tum der Mee­re geht zur Nei­ge, etli­chen wil­den Bestän­den geht es schlecht. Die EU Fische­rei­mi­nis­ter haben die Fang­quo­ten für Kabel­jau in der Nord­see und dem Nord­ost-Atlan­tik für das kom­men­de Jahr gera­de erst hal­biert. Zugleich gilt Fisch aber welt­weit als der wich­tigs­te Pro­te­in­lie­fe­rant für die mensch­li­che Ernährung.

Phil­ipp Kan­stin­ger, Exper­te des Umwelt­ver­ban­des WWF, erklärt: „Die Fisch­zucht ist im Ver­gleich zur Mast von Schwei­nen oder Rin­dern häu­fig die umwelt­ver­träg­li­che­re Vari­an­te.“ Denn Fische sei­en „bes­se­re Fut­ter­ver­wer­ter“, bräuch­ten auch weni­ger Platz. Die Orga­ni­sa­ti­on für wirt­schaft­li­che Zusam­men­ar­beit und Ent­wick­lung, OECD, schätzt, dass im Jahr 2030 knapp zwei Drit­tel aller Fische auf dem Tel­ler von Fisch­far­men stam­men wer­den. Der­zeit ist es schon knapp jeder zwei­te. Nur kommt die­ser Fisch zumeist aus asia­ti­schen Unter­was­ser­far­men. Von ihm rät Kan­stin­ger aller­dings ab. Tra­ge er kein Bio­sie­gel von Natur­land oder von ASC, dem Aquacul­tu­re Ste­ward­ship Coun­cil, sei­en die Tie­re meist „nicht nach­hal­tig gezüch­tet“. Aus den offe­nen Netz­kä­fi­gen gelang­ten dann Che­mi­ka­li­en, Nah­rungs­res­te, Fisch­kot und Anti­bio­ti­ka in Flüs­se und Mee­re. Dar­um sei es im Grun­de „eine gute Sache“, wenn der Wolfs­barsch in einem geschlos­se­nen Sys­tem groß wer­de, so wie in den Con­tai­nern von SEAWATER Cubes.

Kri­tik von Fischexperten:
Mehr als sie­ben Jah­re lang hat das SEAWATER Cubes Grün­der­team – alle Absol­ven­ten der Hoch­schu­le für Tech­nik und Wirt­schaft des Saar­lan­des – an Strö­mung, Fil­tern, Hal­tung getüf­telt und in den letz­ten zwei Jah­re einen Pro­to­ty­pen ent­wi­ckelt, opti­miert für Wolfs­barsch und Dora­de. Das Unter­neh­men ver­spricht, das Was­ser immer wie­der so auf­zu­be­rei­ten, dass es zu 99 Pro­zent im Kreis­lauf blei­ben kann, und weni­ger Ener­gie zu ver­brau­chen als Anla­gen mit ähn­li­cher Tech­nik. Das Resul­tat, so Acker­mann, sei­en Fisch­pro­duk­te, die „höchs­te Fri­sche“ hät­ten und „Sas­hi­mi-Qua­li­tät“. Sie kön­nen also roh ver­zehrt werden.

250 000 Euro soll eine Anla­ge kos­ten. Rai­ner Froe­se, Fisch­ex­per­te des Kie­ler Geo­mar Helm­holtz-Zen­trums für Oze­an­for­schung, aber sagt: „Ich rate jedem Bau­ern drin­gend ab, sein Geld in inten­si­ve Aqua­kul­tur zu inves­tie­ren. Das kann man nicht neben­bei machen und die Gefahr von tech­ni­schen Aus­fäl­len und ein­ge­schlepp­ten Krank­hei­ten ist groß.“ Fisch sei nicht pfle­ge­leicht, der Betrieb einer hoch­kom­ple­xen Kreis­lauf­an­la­ge „eine Wis­sen­schaft für sich“. Auch der Druck auf die wil­den Bestän­de wer­de damit nicht klei­ner – eher grö­ßer. Ein Wolfs­barsch, ein Raub­fisch, frä­ße kein Grün­zeug, son­dern müs­se, bis er nach ein bis zwei Jah­ren geschlach­tet wer­de, übli­cher­wei­se mit ande­ren Fischen in Form von Fisch­mehl und ‑öl gefüt­tert werden.

Der Fut­ter­ko­ef­fi­zi­ent liegt bei 1,2“, erklärt Acker­mann. Heißt: Damit ihre Tie­re ein Kilo Fleisch anset­zen, brau­chen sie 1,2 Kilo Fut­ter, das sei eine spe­zi­el­le Mischung für Wolfs­bar­sche, da sei­en auch Res­te aus der Fisch­ver­ar­bei­tung für die Lebens­mit­tel­bran­che dabei. Das ist schon bes­ser als der Schnitt. Doch Froe­se bleibt dabei: „Man wirft mehr Fisch rein als raus­kommt.“ Wer über­haupt Fische züch­ten wol­le, ent­schei­de sich bes­ser – auch wenn sich damit nur gerin­ge­re Ver­kaufs­prei­se erzie­len lie­ßen – eher für Arten, die weni­ger Fisch, dafür auch Vege­ta­ri­sches fres­sen. Tila­pia etwa.

Acker­mann lässt sich davon nicht beir­ren. Deutsch­land­weit, sagt die Grün­de­rin, inter­es­sier­ten sich bereits Land­wir­te für die umge­bau­ten Schiffs­con­tai­ner. Ihr Ziel: Bin­nen der nächs­ten zehn Jah­re sol­len bun­des­weit 120 Cubes aus­ge­lie­fert wer­den, Lebens­mit­tel­händ­ler und Gas­tro­no­men den Fisch vom Land anbieten.