Fangfrischer Meeresfisch aus saarländischen Zuchtanlagen
IHK Saarland | SaarWirtschaft 12/19
Wo einst kräftige Eisenbahnerhände bis 1997 abgefahrene Radsätze von Bundesbahn-Schienenfahrzeugen wieder fit machten, schwimmen heute rund 21.000 Wolfsbarsche in drei Containern munter herum.
In den ehemaligen Werkshallen des früheren Bundesbahn-Ausbesserungswerks in Saarbrücken-Burbach hat ein Saarbrücker Start-up-Unternehmen einen Prototyp einer neuartigen Meeresfisch-Zuchtanlage entwickelt und aufgebaut. Seawater Cubes heißt das Unternehmen, das jüngst im 1,2,3GO-Businessplanwettbewerb der Großregion den mit 2.500 Euro dotierten zweiten Preis gewann.
Gründer sind die Betriebswirtin, Vertriebs-und Marketingexpertin Carolin Ackermann (29) und die beiden Ingenieure Kai Wagner (31, Automatisierungstechnik) und Christian Steinbach (29,
Verfahrenstechnik). Die Story dahinter: Die beiden Ingenieure holten sich ihr Know-how an der Saarbrücker Hochschule für Technik und Wirtschaft (htw) in Forschungsprojekten im Labor Aquakultur von Prof. Dr. Uwe Waller. Was tun, als die Projekte ausliefen? Einen Job in der Industrie oder der Sprung in die Selbstständigkeit? Wagner und Steinbach entschieden sich dafür und holten als Dritte die BWLerin Carolin Ackermann mit ins Boot.
In den ehemalige AW-Burbach-Hallen fanden sie den geeigneten Standort. Das Team erhielt Ende 2017 rund 800.000 Euro im EXIST-Forschungsförderungs-Transferprogramm des Bundeswirtschaftsministeriums, die dann im Sommer dieses Jahres noch einmal auf 1,1 Millionen Euro aufgestockt wurden. Im Frühjahr 2020 läuft die Förderung aus. Wagner: „Dann müssen wir auf
eigenen Beinen stehen.“ Anschlussfinanzierungsverhandlungen wurden gerade mit dem BANS Gründerfonds und der SWG (Wagnisfinanzierung) erfolgreich abgeschlossen. Bei dem ambitionierten Projekt geht es um die Züchtung von Meeresfischen in einem weitgehend automatisierten und geschlossenen Kreislaufsystem fernab der Küste: Die Aquakultur-Fische wachsen binnen eines Jahres unter optimalen Bedingungen bis zur Schlachtreife heran. Die Maximen: Regionale und ressourcenschonende Produktion sowie regionaler Absatz unter Vermeidung umweltbelastender Transportwege. Die Basis der Anlage sind ausrangierte Schiffs-Kühlcontainer aus Bremerhaven, die umgerüstet und mit blauem Kunststoff ausgekleidet wurden. Jede Anlage besteht aus drei ineinander übergehenden Becken für verschiedene Lebensalter der Zuchtfische, deren Brut aus Frankreich bezogen wird.
Als Käufer der Anlagen peilen die Gründer etwa Landwirte an, die sich ein zweites Ertragsbein schaffen wollen, Fischwirte, die ohnehin bereits Erfahrung mit der Fischzucht haben und Unternehmer,
die sich neue Geschäftsbereiche aufbauen und dabei der Umwelt etwas Gutes tun möchten. Ackermann: „Wir sind in vielversprechenden Verhandlungen.“ Die erste Pilotanlage dürfte 2020 in St. Wendel entstehen. Geplant sind in den kommenden zehn Jahren Bau und Absatz von 120 Anlagen in Deutschland, die etwa pro Stück um 250.000 Euro kosten sollen. 2020 sollen fünf Anlagen entstehen. Das bedeutet eine Aufstockung der aktuell zwölf Mitarbeiter umfassenden Truppe. „Wir sind optimistisch und hochmotiviert“, so die Gründer.