Der Nationale Strategieplan Aquakultur (NASTAQ)
Der neue NASTAQ wurde veröffentlicht! NASTAQ? Kling ein bisschen nach NASDAG, der größten elektronischen Börse der USA, ist aber der Nationale Strategieplan Aquakultur 2021–2030 für Deutschland. Er wurde auf Grundlage seines Vorgängers, dem NASTAQ 2014, erstellt und ist wie dieser Teil der Umsetzung von EU-Verordnung Nr. 1380/2013 über die gemeinsame Fischereipolitik. Der Plan enthält eine Aufarbeitung und Darstellung der aktuellen Situation von Fischerei und Aquakultur in Deutschland, die Formulierung strategischer und operativer Ziele sowie darauf aufbauende Maßnahmen. Doch was genau beinhaltet der Strategieplan und wie kann SEAWATER Cubes dazu beitragen, die Ziele der Bundesregierung zu erreichen?
Der Strategieplan im Überblick
Erstellt wurde der Nationale Strategieplan Aquakultur auf Grund eines Beschlusses der Fischereireferent/innen des Bundes und der Länder durch eine Arbeitsgruppe ebendieser. Als Orientierung dienten dabei die strategischen Leitlinien der Europäischen Kommission zur Entwicklung der nachhaltigen Aquakultur.
In seiner Einleitung gibt der NASTAQ zunächst einen Überblick über die aktuelle Situation der Produktion, auch wenn sich hier in vielen Aspekten im Vergleich zu 2014 nicht viel geändert hat. In Karpfenteichen, Kalt- und Warmwasseranlagen sowie in Netzgehegen wurden im Jahr 2019 nach amtlicher Statistik rund 18.500 Tonnen Speisefische und rund 19.400 Tonnen Muscheln für den Markt produziert. Zwar hat die Muschelproduktion in Deutschland ein beachtliches Wachstum in den vergangenen Jahren hingelegt, die Produktion in Warmwasser-Kreislaufanlagen stagniert jedoch seit 2015 eher. Bei diesen Anlagen ist man lediglich bei knapp 15 Prozent der anvisierten 20.000 t Jahresproduktion. Netzgehegen wird zwar ein großes Wachstumspotential attestiert, ein tatsächliches Wachstum wurde aber auch in diesem Bereich nicht festgestellt.
Insgesamt ist laut des Strategieplans von einem durchschnittlichen Selbstversorgungsgrad bei Süßwasserfischen von 20 bis 25 % auszugehen, während eine marine Aquakultur als praktisch nicht existent beschrieben wird, der Selbstversorgungsgrad in Deutschland ist hier quasi 0 %.
Gründe für den mangelnden Ausbau der Aquakultur in Deutschland
Hemmnisse für die Erreichung der deutschen Ziele zum Produktionsausbau gibt es derzeit viele.
Zum einen verlangsamen oder verhindern komplexe rechtlichen Rahmenbedingungen rund um Umweltrecht, Bundeswasserstraßenrecht, Baurecht, Veterinärrecht, usw. die Erteilung neuer oder der Erweiterung bestehender Genehmigungen. „Die Vielfalt der einschlägigen Rechtsnormen und die fehlende Bündelung von Zuständigkeiten führen im Ergebnis zu komplizierten, langwierigen und teuren Genehmigungsverfahren, die entsprechende Investitionen erschweren oder gänzlich verhindern.“ Daneben sind eine ungenügende Forschung und Ausbildung von Fachkräften ein fundamentales Problem für den Sektor Aquakultur. Die Anzahl an Berufseinsteigern mit einer Fischwirtausbildung ist konstant zu niedrig. Auch die „Förderlandschaft“ ist in Deutschland alles andere als leicht durchschaubar. In jedem Bundesland existieren andere Förderinstrumente und ‑anforderungen. Die Bürokratie rund um Förderanträge wirkt oftmals abschreckend und unüberwindbar. Des Weiteren sind Image und Verbraucherwahrnehmung der Aquakultur oftmals noch negativ konnotiert und auch der Wettbewerb im Großhandel mit günstiger Ware aus dem Ausland schreckt viele potenzielle Betreiber vor einer Investition in die Aquakultur ab.
Die 5 strategischen Kernziele des NASTAQ
Der deutsche Plan zum Ausbau der Selbstversorgung im Bereich Fisch und Meeresfrüchte enthält verschiedene strategische Kernziele:
- Erhaltung der vorhandenen Kapazitäten
- Wachstum der nachhaltigen Produktion
- Erhaltung der Teichlandschaft (extensive Karpfenteichwirtschaft) für Fischproduktion und Gemeinwohl (Naturschutz, Landschaftsbild, Wasserhaushalt)
- Imagesteigerung und regionale Vermarktung
- Klimawandel – Resilienz.
Konkrete Maßnahmen
Den strategischen Zielen sind eine Vielzahl von operativen Zielen und konkreten Maßnahmen zur Umsetzung zugeordnet. Viele dieser Maßnahmen klingen vielversprechend und könnten dazu beitragen innovative nachhaltige Produktionsmethoden zu fördern und den Aquakulturstandort Deutschland zu stärken, z.B. (Auszug):
- Etablierung der Aquakultur zur Stärkung von Gebieten mit Strukturwandel
- Entwicklung der marinen Aquakultur
- Optimierung des Masterstudiums Aquakultur inkl. an moderne Technologien angepasste Lehrpläne und Berufsausbildung
- Investitionen in neue oder vorhandene Aquakulturunternehmen
- Erhöhung der regionalen Vernetzungen und Kooperationen
- Effiziente und nachhaltige Futtermittel und Integration der Herstellung in regionale Wirtschaft
- Vereinfachung von Verwaltungsverfahren
- Erhöhung der Diversifizierung
- Information der Konsumenten über nachhaltige regionale Fischprodukte
- Steigerung der Wertschätzung heimischer Aquakulturprodukte
- Honorierung von Umwelt- und Gemeinwohlleistungen
- Etablierung regionaler Ansprechpartner („Umweltmanager“)
Unser Fazit zum NASTAQ
Ob mit den beschriebenen operativen Maßnahmen, von welchen vielen auch schon in früheren strategischen Dokumenten zu finden sind (Wedekind 2014; DAFA 2014; A.F.C.-Consulting-Group-AG/COFAD-GmbH 2017), qualitativ eine Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit gegenüber dem Weltmarkt und ein langfristiges Wachstum möglich sind, ist fraglich. Konkret kann der Selbstversorgungsgrad in Deutschland nur gestärkt werden, wenn im Einklang mit den notwendigen Umweltanforderungen und in Anpassung an die sich stets verändernden Konsumentenbedürfnisse der Ausbau technischer Produktionssysteme vorangetrieben wird. Zusätzliche Möglichkeiten bestehen im Ausbau von Offshore-Aquakulturanlagen (Holm, Buck, and Langan 2017; Buck et al. 2018) und der Erhalt von extensiven Verfahren mit besonders hohem kulturellem Wert und ökologischer Bedeutung, wie die Karpfenteichwirtschaft und die Muschelzucht. Final wird der Erfolg der deutschen Maßnahmen von Nachdruck und Geschwindigkeit bei der Umsetzung abhängen.
In Summe bleibt der neue Strategieplan sehr vage in der Formulierung konkreter, zeitlich verbindlicher Ziele zum Ausbau der Aquakultur in Deutschland. Es werden weder genaue Zahlen zum Ausbau der Anzahl der Anlagen bestimmter Systeme, noch Ziele zum Ausbau der Produktionsmenge in Tonnen oder für bestimmte Fischarten fixiert. Das ist schwierig, denn so gibt es auch keine Kennzahlen, anhand derer der Erfolg der Maßnahmen nach 2030 analysiert und bewertet werden kann.
Das SEAWATER Konzept als Chance zur Umsetzung der Strategieziele
Um die strategischen Kernziele Deutschlands zukünftig zuverlässig zu erreichen, sind neue Wege in der Aquakultur gefragt. Der SEAWATER Cube als kompakte und geschlossene Kreislaufanlage bietet die Möglichkeit zur regionalen und umweltfreundlichen Fischzucht im Inland. Er ist für die Aufzucht von Salzwasserfischen spezialisiert und ermöglicht eine Produktion von 7 Tonnen Fisch pro Jahr. Durch die Kompaktheit (100 m² Stellfläche) eignet sich die Anlage ideal für die Lebensmittelproduktion in urbanen Gegenden. Mit optimierten Produktionsbedingungen und einer Wasserrecyclingrate von 99% kommen Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz eine zentrale Rolle zu. Durch Direktvermarktung des Fisches an den Endverbraucher und die Gastronomie rücken Themen wie Wirtschaftlichkeit, Regionalität und Nachverfolgbarkeit in den Fokus.
Entwickelt haben wir den SEAWATER Cube mit Hilfe einer Exist Forschungstransfer Förderung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Damit wurde 2017 ein erster Schritt in die richtige Richtung zur Umsetzung der Ziele aus dem NASTAQ gegangen. Mit unserer Ausgründung hat Deutschland nun die Möglichkeit, sich in den Bereichen Forschung, Anwendung und Ausbildung auf dem Gebiet der Kreislaufaquakultur weiter zu etablieren. Vereinzelt gibt es mittlerweile auch weitere Start-ups und Existenzgründungen in der deutschen Aquakultur. Um künftig jedoch wirklich PS auf die Straße zu bringen und die Ziele des Strategieplanes zu erfüllen, müssen nun die Ergebnisse aus der geförderten Forschung in die Wirtschaft überführt werden. Hierfür sind schnellstmöglich bürokratische Hürden abzubauen und in Pilotprojekten Maßnahmen zur Risikoreduktion und Förderung von Fischzuchtanlagen für Betreiber umzusetzen.
Unser Ziel ist es, in den nächsten 10 Jahren 120 Cubes in ganz Deutschland aufzustellen und damit einen Selbstversorgungsgrad bei den Fischarten Wolfsbarsch und Dorade von 10% zu erreichen. Und an diesen Zielen lassen wir uns messen.
Weiterführende Informationen
Erfahre mehr zu innovativer Aquakultur im Container.
Referenzen
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A.F.C.-Consulting-Group-AG/COFAD-GmbH. 2017. „Perspektiven für die deutsche Aquakultur im internationalen Wettbewerb.“ In.: © AFC Consulting Group AG / COFAD GmbH.
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Buck, Bela H., Max F. Troell, Gesche Krause, Dror L. Angel, Britta Grote, and Thierry Chopin. 2018. ‚State of the Art and Challenges for Offshore Integrated Multi-Trophic Aquaculture (IMTA)‘, Frontiers in Marine Science, 5: 165.
- DAFA. 2014. Aquakulturforschung gestalten! Fachforum Aquakultur: Strategie der Deutschen Agrarforschungsallianz (Deutsche Agrarforschungsallianz (DAFA): Braunschweig).
- Gott, James, Rolf Morgenstern, and Maja Turnšek. 2019. ‚Aquaponics for the Anthropocene: Towards a ‘Sustainability First’ Agenda.‘ in Simon Goddek, Alyssa Joyce, Benz Kotzen and Gavin M. Burnell (eds.), Aquaponics Food Production Systems: Combined Aquaculture and Hydroponic Production Technologies for the Future (Springer International Publishing: Cham).
- Holm, Poul, Bela H. Buck, and Richard Langan. 2017. ‚Introduction: New Approaches to Sustainable Offshore Food Production and the Development of Offshore Platforms.‘ in Bela H. Buck and Richard Langan (eds.), Aquaculture Perspective of Multi-Use Sites in the Open Ocean: The Untapped Potential for Marine Resources in the Anthropocene (Springer International Publishing: Cham).
- Wedekind, Helmut. 2014. „Aktuelle Entwicklungsmöglichkeiten der deutschen Aquakultur.“ In ARBEITEN DES DEUTSCHEN FISCHEREI-VERBANDES e.V. Deutscher Fischerei-Verband e.V.: Dr. Helmut Wedekind.
- 6 Angaben Statistisches Bundesamt gemäß Agrarstatistikgesetz (AgrStatG) in der jeweils gültigen Fassung
- Bildquelle: SEAWATER Cubes