Wassertemperatur und Fischwohl

Die Was­ser­tem­pe­ra­tur in Aqua­kul­tur­anla­gen hat einen gro­ßen Ein­fluss auf das Wohl­be­fin­den der Fische. Fische sind wech­sel­war­me Tie­re, das bedeu­tet, dass ihre Kör­per­tem­pe­ra­tur nicht gleich­blei­bend ist, son­dern sich an die Umge­bung anpasst. Je nach Tier­art gibt es dabei unter­schied­li­che Tole­ranz­be­rei­che. Nach­fol­gend erläu­tern wir, bei wel­chen Was­ser­tem­pe­ra­tu­ren sich ver­schie­de­ne Fisch­ar­ten wohl­füh­len und wie ver­än­der­te Was­ser­tem­pe­ra­tu­ren in geschlos­se­nen Kreis­lauf­an­la­gen einen Ein­fluss auf die Tie­re nehmen.

Fischarten und ihre Temperaturempfindlichkeit

Gene­rell gibt es in Euro­pa eine gewis­se Zwei­tei­lung bezüg­lich Fisch­ar­ten, die ent­we­der an kal­tes oder war­mes Was­ser ange­passt sind. So bevor­zu­gen die Fische aus der Fami­lie der Karp­fen­ar­ti­gen wär­me­re Gewäs­ser, wäh­rend Fisch­ar­ten wie die Forel­len­ar­ti­gen oder Lachs­ar­ti­gen aus­schließ­lich in käl­te­ren Gewäs­sern vorkommen.

Welt­weit betrach­tet ist die Band­brei­te an Tem­pe­ra­tu­ren groß, mit denen Fische klar­kom­men können:

  • Man­che Arten wie z.B. Eis­fi­sche aus der Ant­ark­tis sind abso­lu­te Käl­te­spe­zia­lis­ten und kom­men dank spe­zi­el­ler Frost­schutz­pro­te­ine auch mit Tem­pe­ra­tu­ren unter dem Gefrier­punkt klar.
  • Ande­re Fisch­ar­ten wie etwa der Juli­mes Wüs­ten­kär­pf­ling lie­ben die Wär­me und sind in einer hei­ßen Quel­le in Mexi­ko bei bis zu 45 °C zu finden.
  • Vie­le exo­ti­sche Fisch­ar­ten wie z.B. der Yel­low­tail King­fi­sh, Bar­ra­mun­di oder Red Snap­per leben in war­mem Was­ser von 26 °C und mehr.
  • Gar­ne­len füh­len sich bei tro­pi­schen Tem­pe­ra­tu­ren von um die 30 °C wohl.

Aber auch in Euro­pa gibt es Temperaturexperten:

  • Die Karau­sche, ein Karp­fen­fisch, kann im Win­ter meh­re­re Mona­te im durch­ge­fro­re­nen Schlamm ohne Sau­er­stoff ausharren.
  • Eine rumä­ni­sche Rot­fe­der Art bewohnt eben­falls ger­ne war­me Quel­len und kommt mit immer­hin 35 °C klar.
  • Die gän­gi­gen Spei­se­fi­sche Wolfs­barsch und Dora­de ver­tra­gen Tem­pe­ra­tu­ren zwi­schen 18 und 28 °C gut.
  • Lach­se bevor­zu­gen im adul­ten Sta­di­um ger­ne Tem­pe­ra­tu­ren zwi­schen 9 und 17 °C.
  • Auch bei der Regen­bo­gen­fo­rel­le lie­gen die Tem­pe­ra­tu­ren bei 10 bis 18°C, 20 °C soll­ten nicht über­schrit­ten werden.
Auswirkungen der Wassertemperatur auf das Fischwohl

Als wech­sel­war­me Tie­re sind Fische sehr stark von der Was­ser­tem­pe­ra­tur abhän­gig. Sie bestimmt deren Akti­vi­tät und beein­flusst direkt wich­ti­ge Pro­zes­se wie zum Bei­spiel die Fut­ter­auf­nah­me und die Repro­duk­ti­on. Die Tole­ranz für Tem­pe­ra­tur­än­de­run­gen ist von eini­gen Fak­to­ren abhän­gig ist. Die­se sind vor allem:

  • das Sta­di­um im Lebenszyklus
  • der phy­sio­lo­gi­sche Zustand
  • die Geschwin­dig­keit der Temperaturänderungen.

Beson­ders Embryo­nen im Ei sowie laich­be­rei­te Erwach­se­ne haben eine sehr ein­ge­schränk­te Tole­ranz. Gut genähr­te Fische haben hohe Chan­cen eine Tem­pe­ra­tur­ver­än­de­rung zu über­le­ben, wäh­rend kran­ke und hun­gern­de Fische früh an Ihre Gren­zen kommen.

Tre­ten Tem­pe­ra­tur­ver­än­de­run­gen sehr plötz­lich und in star­kem Aus­maß auf, dann emp­fin­den Fische Stress. Außer­dem redu­ziert sich ihre Akti­vi­tät in extre­men Was­ser­tem­pe­ra­tu­ren. Wei­ter­hin redu­ziert sich auch der Appe­tit der Tie­re. Die stär­ke­re Ver­meh­rung von Bak­te­ri­en in war­mem Was­ser hat zudem einen unmit­tel­ba­ren Effekt auf ihre Gesund­heit. Fische mit einem schwa­chen Immun­sys­tem oder offe­nen Stel­len an der Haut kön­nen von Krank­heits­er­re­gern befal­len und wei­ter geschwächt wer­den oder sogar sterben.

Fische und Klimakrise

His­to­risch gese­hen hat­te das Kli­ma schon immer einen gro­ßen Ein­fluss auf Was­ser­tem­pe­ra­tu­ren und Fische. So ist die heu­ti­ge Ver­brei­tung von Süß­was­ser­fisch­ar­ten in der gemä­ßig­ten sowie der sub­po­la­ren Zone zum gro­ßen Teil das Resul­tat des groß­flä­chi­gen Fisch­ar­ten­ster­bens in Rah­men der letz­ten Eis­zeit. Tro­pi­sche und sub­tro­pi­sche Gewäs­ser sind im Ver­gleich zu unse­ren hei­mi­schen Gewäs­sern arten­rei­cher, weil dort ein durch die Käl­te beding­tes Aus­ster­ben von Fisch­ar­ten nicht statt­ge­fun­den hat.

Heut­zu­ta­ge sehen wir einen Trend in die ent­ge­gen­ge­setz­te Rich­tung. Die glo­ba­le Erwär­mung ist die gro­ße Her­aus­for­de­rung unse­rer Zeit und stellt auch für Fische ein rie­si­ges Pro­blem dar. Sie beein­flusst Fische und deren aqua­ti­sche Öko­sys­te­me in vie­ler­lei Hin­sicht. Ein direk­ter Effekt der stei­gen­den Tem­pe­ra­tu­ren ist zum Bei­spiel die zuneh­men­de Ver­duns­tung von Ober­flä­chen­was­ser. In eini­gen Regio­nen kann dies zum Aus­trock­nen und Ver­schwin­den von stil­len und flie­ßen­den Gewäs­sern sowie deren Fischen füh­ren. Umge­kehrt kön­nen auch Flu­tun­gen und Hoch­was­ser für ein Ungleich­ge­wicht sor­gen. Sie spü­len Fische aus ihrem natür­li­chen Lebens­raum her­aus, es kommt zur räum­li­chen Ver­schie­bung von Popu­la­tio­nen bis hin zum Aus­ster­ben der­je­ni­gen, die in ande­ren Gewäs­sern nicht aus­rei­chend Fut­ter fin­den oder die Lebens­be­din­gun­gen nicht ver­tra­gen. Ein wei­te­rer nega­ti­ver Effekt ist die Zunah­me von extre­mem Wet­ter (Flut, Dür­re, Hit­ze­wel­len, Käl­te­wel­len, Stür­me), wel­ches zwangs­läu­fig Unru­he in natür­li­chen Gewäs­sern ver­ur­sacht und lang­fris­tig zu einem Arten­ver­lust füh­ren kann.

Eini­ge Stu­di­en haben beson­ders kli­ma­an­fäl­li­ge Fisch­ar­ten iden­ti­fi­ziert (tro­pi­sche mari­ne Fische sind ver­mut­lich beson­ders gefähr­det) und doku­men­tie­ren bereits heu­te Effek­te des Kli­ma­wan­dels auf die Fisch­welt (Popu­la­ti­ons­ab­nah­men, ver­stärk­tes Wachs­tum und zeit­li­che Ver­än­de­run­gen in Wan­de­rungs- und Laich­ver­hal­ten). Den­noch ist es noch schwer vor­her­zu­sa­gen, wann und wo gro­ße Ver­än­de­run­gen in der Fisch­fau­na auf­tre­ten wer­den. Ins­be­son­de­re die Inter­ak­tio­nen der Kli­ma­kri­se mit ande­ren pro­ble­ma­ti­schen, men­scheng­ver­ur­sach­ten Pro­zes­sen wie der Über­dün­gung von Gewäs­sern, der Ver­brei­tung von inva­si­ven Arten und der Umwelt­ver­schmut­zung und ‑zer­stö­rung sind schwer zu erfas­sen. Sie haben das Poten­ti­al, die pre­kä­re Situa­ti­on der geschupp­ten Tier­ar­ten wei­ter zu verschlechtern.

Es liegt also an uns allen, den Kli­ma­wan­del auf­zu­hal­ten und dafür Sor­ge zu tra­gen, dass die Viel­falt der Lebe­we­sen im Was­ser erhal­ten bleibt und auch künf­ti­ge Gene­ra­tio­nen sie erle­ben kön­nen. Nach­hal­ti­ge Kreis­lauf­a­qua­kul­tur kann Teil der Lösung sein.

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Refe­ren­zen

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