Urban Farming
In der Stadt wohnen und gleichzeitig regionale, frische Produkte fußläufig einkaufen: das klingt nach einer Idealvorstellung, die unsere Umwelt nachhaltig positiv beeinflussen würde. Diese Art der Lebensmittelversorgung ist zwar größtenteils noch Zukunftsmusik, jedoch gibt es bereits einige spannende und realistische Konzepte. „Urban Farming“ ist der Oberbegriff der primären Lebensmittelproduktion in städtischen Ballungsgebieten bzw. der angrenzenden Region, vereinfacht gesagt versteht man darunter die Landwirtschaft in der Stadt.
Mittlerweile lebt mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in der Stadt und nicht mehr auf dem Land, Diese Verstädterung erfordert zeitnah entsprechende Lösungen, um diese Menschen in Zukunft sicher und gesund zu ernähren. Da in vielen Städten jedoch ein enormer Platzmangel herrscht, müssen Alternativen für einen möglichen Lebensmittelanbau in Erwägung gezogen werden – beispielsweise in Form von Stadtgärten. Einige Kommunen in Deutschland haben bereits erste Konzepte umgesetzt (z. B. der Berliner Prinzessinnengarten oder der Nürnberger Stadtgarten). Hier können Einwohner Obst und Gemüse selbst ernten und sogar selbst anbauen. Aber auch die Landwirtschaft auf Hausdächern wird immer populärer. In Paris wurde das größte Urban Farming Projekt Europas gestartet: Ein urbaner Bauernhof mit 14.000 Quadratmetern Fläche auf dem Dach der Pariser Expo Porte de Versailles. Das Ganze gilt als Pionierprojekt des Vertical Farmings und soll die größte Rooftop-Farm der Welt werden.
Warum ist Urban Farming wichtig und sinnvoll?
Die Menschheit wächst kontinuierlich und trotzdem herrscht in vielen Ländern Lebensmittelknappheit und Mangelernährung. Vor allem durch den Klimawandel stößt die traditionelle Landwirtschaft immer mehr an ihre Grenzen. Starke Trockenheit und fehlende Niederschläge lassen die Erträge sinken, gleichzeitig werden immer mehr Waldflächen gerodet, um neues Ackerland zu schaffen für den Anbau von Nutzpflanzen (zur Futterherstellung) zu schaffen. Das alles sind Gründe für die Urbanisierung der Nahrungsmittelerzeugung. Zudem steigt in der Gesellschaft das Bedürfnis der Verbraucher nach einer regionalen Versorgung stark an, nicht zuletzt auch bedingt durch die Corona-Pandemie. Transparenz und Versorgungssicherheit werden wieder wichtiger. In wohlhabenden Regionen ist außerdem ein deutlicher Trend in Richtung gesunde Ernährung, Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit erkennbar. Konsumenten möchten am liebsten regional einkaufen und mehr darüber erfahren, wo, wie und von wem ihre Nahrungsmittel produziert werden. Leider ist dies durch den globalen Import oft nur schwer nachvollziehbar. Ein weiteres wichtiges Kriterium für urbane Stadtfarmen ist die Reduzierung der Transportwege, sowohl aus Umweltgesichtspunkten als auch hinsichtlich der Frische und Haltbarkeit der Lebensmittel. Zudem ist die Verschönerung von Innenstädten durch ansprechende Grünflächen ein Ziel von Urban Farming Projekten.
Herausforderungen in der Umsetzung
Die vorgestellten Konzepte klingen zunächst zwar attraktiv und sinnvoll, jedoch gibt es besondere Anforderungen bezüglich der Gestaltung der Lebensmittelproduktion in Städten:
- Die Problematik des geringen Platzangebots könnte zwar durch den Anbau auf Dächern teils gelöst werden, jedoch nicht gänzlich. Anbausysteme müsse vertikalisiert werden, um flächeneffizient produzieren zu können.
- Des Weiteren ist unklar, welchen Einfluss städtische Farmen auf die Entwicklung der Mietpreise haben.
- Auch eine mögliche Beeinträchtigung der Anwohner durch Lautstärke und Geruch muss in den Konzepten berücksichtigt werden.
- Zudem können Stadtfarmen anders als die Landwirtschaft häufig nicht mit Sonnenlicht arbeiten, sondern es sind künstliche Lichtquellen nötig, um das Wachstum zu fördern. Dadurch ist der Stromverbrauch solcher Systeme hoch und es gibt noch einen großen Forschungs- und Entwicklungsbedarf, um urbane Lebensmittelproduktionen möglichst energieeffizient bzw. energieautark (Kopplung mit erneuerbaren Energien) zu gestalten.
- Damit sich die Lebensmittelproduktion in Nahversorgungsgebieten rechnet, müssen höhere Preise für die Produkte verlangt werden. Eine entsprechende Wertschätzung und Zahlungsbereitschaft der Konsumenten muss sich noch in der breiten Masse entwickeln.
Aquaponik: Fisch- und Pflanzenzucht in einem
Die Aquaponik ist ein „Sonderfall“ der Aquakultur, bei der das Prozesswasser aus der Fischzuchtanlage zusätzlich für die Nährstoffversorgung von Pflanzen genutzt wird (Doppelnutzung des Wassers). Hier wird also die Aufzucht von Fisch mit dem hydroponischen Anbau von Nutzpflanzen in einem Produktionssystem vereint. Wie das genau funktioniert? Die Ausscheidungen der im Becken lebenden Fische gelangen zunächst ins Wasser, welches mechanisch und biologisch gereinigt wird. Das Fischwasser enthält Ammonium, das Bakterien in Nitrat umwandeln. Durch den Zusatz weiterer Mineralstoffe wird das Wasser in eine optimale Nährflüssigkeit für Pflanzen umgewandelt, die schließlich in ein Gewächshaus geleitet wird. Hier gibt es bereits einige ansprechende Pilotprojekte und auch wir haben dieses Forschungsthema auf unserer Agenda.
Wie geht es zukünftig weiter?
Hauptfokus von Urban Farming ist es, Leben, Arbeiten, Produktion und letztlich auch das Konsumieren in einem Stadtgebiet in Einklang zu bringen. Ideen sind zwar reichlich vorhanden, jedoch gibt es bisher wenige Konzepte, die konkret umgesetzt wurden. Es gibt also noch mehrere Themen, bei denen Unklarheit in Bezug auf die Verbreitung von Stadtfarmen herrscht. Die Entwicklung von Verbrauchern und Technologie sowie die Wegbereitung durch die Politik werden in den nächsten Jahren entscheiden, wie schnell innovative Urban Farming Konzepte wettbewerbsfähig sein werden.
Investoren interessieren sich auch vermehrt für das Thema Urban Farming und investieren in attraktive Projekte. Wir selbst sind aktuell in der Planung für eine Realisierung am Standort Saarbrücken. Mit dem SEAWATER Cube haben wir eine kompakte und nachhaltige Lösung für eine regionale Fischzucht geschaffen, die aufgrund des geringen Platzbedarfs insbesondere für die Versorgung in Großstädten attraktiv ist. Zudem können Menschen sich vor Ort von der Aufzucht und Qualität des Fisches überzeugen und kaufen ein Produkt, welches auf Bestellung frisch abgefischt und ungefroren verkauft wird. Insgesamt bieten wir damit ein revolutionäres Konzept, für das wir bereits eine Menge Zuspruch erhalten haben. Wir arbeiten weiterhin tatkräftig an unserer Vision einer regionalen Fischzucht, um dadurch einen wertvollen Beitrag für eine umweltfreundliche und zukunftssichere Lebensmittelversorgung zu leisten.
Referenzen
— Bildquelle: City of Edmonton, Blatchford redevelopment | https://blatchfordedmonton.ca
— https://kommunal.de/urban-farming-paris
— https://www.plantura.garden/gruenes-leben/urbane-landwirtschaft-definition-beispiele-in-deutschland
— https://www.aquakulturinfo.de/aquaponik
— https://www.moderne-landwirtschaft.de/aquaponik-landwirtschaft-der-zukunft