Extremwasser und Nahrungsmittelsicherheit
Zur Produktion von Lebensmitteln braucht man Ressourcen und Wasser ist eine ganz wesentliche davon. Seine Menge und saisonale Verfügbarkeit bestimmen maßgeblich, welche und wieviel Nahrungsmittel in einer Region angebaut oder gezüchtet werden können. Der Klimawandel ändert jedoch diese Gegebenheiten. Das Jahr 2021 führt uns mit aller Härte ins Bewusstsein, wie real Wetterextreme sind und welche ernstzunehmenden Folgen sie haben können. Es ist also Zeit, dass wir uns ein paar drängenden Fragen widmen: Welche Auswirkungen hat das veränderte Klima auf unsere Lebensmittelerzeugung und was können wir tun, um Nahrungsmittelsicherheit und Selbstversorgung zu gewährleisten?
Wasserextreme und die Folgen auf Böden und Ernten
Die Verfügbarkeit von Wasser ist in vielen Regionen ein limitierender Faktor und seine Knappheit wird mit dem Klimawandel weiter ansteigen. Analysen des Deutschen Wetterdienstes zeigen, dass die letzten drei Jahre aufgrund von Hitzewellen und Dürre mit Abweichungen zwischen 10–25 % deutlich zu trocken waren. Das Niederschlagssoll pro m² liegt bei rund 800 l, in 2020 fielen jedoch nur 705 l pro m² an Niederschlägen. Dabei ist Regen gerade in den Monaten April bis September besonders entscheidend für das Wachstum von Pflanzen. Trockenheit reduziert das Wachstum und dann fehlt es nicht nur an Erträgen auf dem Acker zur Versorgung der Menschen, sondern auch an ausreichend Futtermitteln für die Tiere. [1] In vielen Regionen ist die Landwirtschaft schon heute maßgeblich auf künstliche Bewässerung und die Entnahme von Grundwasser angewiesen, in naher Zukunft werden manche Flächen landwirtschaftlich gar nicht mehr nutzbar sein.
Doch auch zu viele Niederschläge in zu kurzer Zeit kommen vor und sind ebenfalls nicht gut für unsere Böden. Bei den diesjährigen Starkregenereignissen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen sind bis zu 60 l pro m² in kurzer Zeit fallen. [2] Solche Wassermassen können die Böden, erst recht, wenn sie zuvor stark ausgetrocknet und verdichtet waren, nicht schnell genug aufnehmen. Es kommt zu Überschwemmungen und Schlammlawinen. Ist das Wasser verunreinigt, zerstört es ganze Felder und Ernten. Steht es zu lange auf den Böden, werden diese zu feucht und weich und können von Landmaschinen nicht richtig bearbeitet werden. Auch Schimmelpilze können durch die Nässe entstehen und Getreide unbrauchbar machen. [3] An die vielen Tiere, die in Ställen durch plötzliche Überschwemmungen qualvoll verenden, mag man gar nicht denken.
Auch Hagel gefährdet die Erträge. Er zerschlägt Obst und Gemüse und kann zu kompletten Ernteausfällen führen. Etwa ein Fünftel aller Schäden wird durch Hagel verursacht.
Überschwemmungen und Fischsterben
Starkregen und Überflutung haben nicht nur dramatische Auswirkungen auf Obst, Gemüse und Landtiere, sondern auch auf die Fischerei. Für diese sind große Wassermassen aus mehreren Gründen eine Gefahr.
- Viele Flüsse sind in Deutschland begradigt, dadurch verstärkt sich die Strömung bei Starkregen und Überschwemmungen. Viele Fische können hiergegen nicht ankommen und werden von den Wassermassen mitgerissen und aus ihrem Lebensraum ausgespült. Bei Tieren aus Zuchtteichen ist es dann fraglich, wie gut diese sich an neue Umgebungen und Ökosysteme anpassen können. Teichwirten geht ihre Ernte verloren. [4]
- Doch auch wenn die Fische in ihrem Teich drinbleiben, drohen Gefahren. Durch Überschwemmungen gelangen zusätzliche Sedimente ins Wasser. Diese führen zur Trübung und einem Nährstoffüberfluss. Dies bedingt das Absinken des Sauerstoffgehaltes im Wasser, den viele Fische nicht überleben. Es kommt zum Massensterben. [4]
- Aber auch Fremd- bzw. Schadstoffe (z.B. auslaufender Dieselkraftstoff, Heizöl, Pflanzenschutzmittel) werden mit den Fluten in die Teiche gespült. Sie verursachen Krankheiten und machen die Tiere und unverzehrbar.
- Außerdem werden durch Schwemmstoffe auch die Kiemen der Tiere verschmutzt und verletzt. Dies schränkt ebenfalls die Sauerstoffaufnahme ein und kann zum Fischsterben führen. [5]
Laut Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) werden Extremwetterereignisse künftig häufiger auftreten. [6] Wenn regelmäßig mehr Wasser anfällt, als von der Erde und den Gewässern aufgenommen werden kann, dann können die damit einhergehenden Überschwemmungen eine große Gefahr für die Lebensmittelsicherheit bedeuten [7]. Es bedarf also effektiver Strategien, um die Gefahren zu vermeiden und sich künftig besser gegen wetterbedingte Ausfälle in der Nahrungsmittelproduktion zu wappnen.
Maßnahmen für eine sichere Bodenbewirtschaftung
Was kann also unternommen werden, um die Selbstversorgung einer Region oder eines Landes mit gesunder Nahrung zu erhalten und gleichzeitig veränderten Umwelteinflüssen gerecht zu werden?
Wassermangel vermeiden:
Hierfür ist es wichtig, eine effizientere Nutzung der Ressource herbeizuführen. Das umfasst sowohl die Regenwasserrückgewinnung, eine Festlegung von Wasserentnahme-Grenzen, die Entwicklung wassersparender Technologien, eine gerechtere und nachhaltigkeitsorientierte Bepreisung des Wassers als auch ein intelligentes Wasser-Management. [8]
Absicherung gegen Unwetter:
Versicherungen sind ein wirtschaftliches Mittel zum Schutz. Bei Hagel ist die Absicherung in der Landwirtschaft schon recht häufig verbreitet. [9] Aber auch für andere Extremwetterereignisse muss Vorsorge vor Elementarschäden getroffen werden. Und hierbei sind auch Versicherungen von Gebäude, Inventar oder Fahrzeugen zu bedenken. [10] Versicherungen schützen Landwirte zwar sinnvoll vor Ertragsausfällen, jedoch auch nicht vor dem Verlust der Marktpräsenz oder einer mangelnden Auslastung der Betriebe. Und auch der Mangel in der Versorgung kann damit nicht ausgeglichen werden.
Hochwasserprävention:
Um die Versorgungssicherheit bei Lebensmitteln zu gewährleisten, bedarf es effektiver Maßnahmen in der Landwirtschaft. Das Umweltbundesamt [11] [12] empfiehlt zum einen acker- und pflanzenbauliche Maßnahmen wie das Anlegen vielfältiger Fruchtfolgen oder das Anpflanzen widerstandsfähigerer Nutzpflanzen. Auch die Verbesserung der Versickerungsfähigkeit der Böden durch die Vermeidung von Bodenverdichtungen ist wichtig. Eine pfluglose Bodenbearbeitung und Mulchsaaten werden empfohlen. Die veränderte Nutzung von Flächen (z.B. stilllegen und begrünen stark gefährdeter Bereiche) oder die Anlage einer Querbewirtschaftung (Anbau quer zum Gefälle) können des Weiteren helfen. Ebenso gelten der Anbau hochwachsender Pflanzen und die Errichtung von Dämmen als wirkungsvolle Präventionsmaßnahmen.
Neue Konzepte zur umweltunabhängigen Tierzucht
Auch in der Tierzucht bedarf es neuer Ansätze, um sich vor dem Klimawandel und Extremwetter zu schützen. Gerade in der Aquakultur gibt es mittlerweile moderne Konzepte und Technologien, welche eine Aufzucht unter kontrollierten Bedingungen und unabhängig von der Umwelt ermöglichen. Der SEAWATER Cube als geschlossenes Kreislaufsystem für die inländische Aufzucht ist eine solche Lösung. In der containerisierten Anlage werden die Tiere sicher und abgeschirmt vor Extremwetter aufgezogen. Fluten können dem isolierten Gebäude nahezu nichts anhaben. Durch das Gewicht von rund 70 t ist es fast unmöglich, dass die Anlage weggeschwemmt wird. Auch von außen kann bei abgeschlossenen Türen kein Wasser eindringen. Notstromaggregate und Notsauerstoffversorgung helfen, Zeiten mangelnder Versorgung zu überbrücken. Mit einer Wasserrecyclingquote von 99% ist die Anlage nicht nur besonders sparsam, sondern kommt auch einige Tage ohne externe Wasserzufuhr aus.
Der Klimawandel bringt künftig also häufiger Extremwasserereignisse mit sich und diese können drastische Auswirkungen auf unsere Lebensmittelversorgung haben. Es bedarf eines Umdenkens in Bevölkerung, Politik und Landwirtschaft, wenn wir komplette Ernteausfälle und Massensterben künftig vermeiden wollen. Maßnahmen zur Prävention und Risikovermeidung sind nötig, um die Selbstversorgung mit Lebensmitteln zu sichern. Technische Systeme können ihren Teil zu einer umweltunabhängigen Produktion beitragen.
Weiterführende Informationen
Erfahre mehr zu innovativer Aquakultur im Container.
Referenzen
- https://www.umweltbundesamt.de/themen/trockenheit-in-deutschland-fragen-antworten, abgerufen 06.09.21
- https://weather.com/de-DE/wetter/deutschland/news/2018–07-15-hochsten-stufe-dwd-warnt-vor-starkregen-und-hagel, abgerufen 06.09.21
- https://www.br.de/nachrichten/bayern/boden-zu-weich-schwierige-ernte-nach-ueberschwemmungen,SgEoW6F, abgerufen 06.09.21
- https://www.blinker.de/angelmethoden/angeln-allgemein/news/katastrophe-hochwasser-auswirkungen-auf-mensch-und-fisch/, abgerufen 06.09.21
- https://www.geo.de/natur/tierwelt/fischsterben-nach-starkregen–das-steckt-dahinter-30623330.html, abgerufen 06.09.21
- IPCC, 2021: Summary for Policymakers. In: Climate Change 2021: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Sixth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change [Masson-Delmotte, V., P. Zhai, A. Pirani, S. L. Connors, C. Péan, S. Berger, N. Caud, Y. Chen, L. Goldfarb, M. I. Gomis, M. Huang, K. Leitzell, E. Lonnoy, J. B. R. Matthews, T. K. Maycock, T. Waterfield, O. Yelekçi, R. Yu and B. Zhou (eds.)]. Cambridge University Press. In Press.
- Misra, A.K., Climate change and challenges of water and food security. International Journal of Sustainable Built Environment, 2014. 3(1): p. 153–165.
- UNESCO World Water Assessment Programme, Wasser und Klimawandel: Weltwasserbericht der Vereinten Nationen, 2020, Italy.
- https://www.umweltbundesamt.de/lw-i-3-das-indikator#lw-i-3-hagelschaden-in-der-landwirtschaft, abgerufen 06.09.21
- https://www.bauernzeitung.de/agrarpraxis/versicherung-gegen-hochwasser-wenn-alles-fortschwimmt/, abgerufen 06.09.21
- Bildquelle: Adobe Stock