End of Fish Day 2022 – so früh wie noch nie
Die Nachfrage nach frischem Meeresfisch steigt immer weiter, jedoch werden in Deutschland jährlich mehr Fisch und Meeresfrüchte verzehrt, als zur Verfügung stehen. Im Jahr 2022 wurde ein neuer Rekord erreicht, denn bereits am 11. März ist „End of Fish Day“ gewesen. Das bedeutet konkret, dass die gefangenen und hierzulande gezüchteten Fische und Meeresfrüchte rechnerisch bereits nach dreieinhalb Monaten aufgebraucht sind.
Hintergrund: „End of Fish Day“
Der End of Fish Day wird auf Grundlage der Zahlen der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) errechnet. Er nimmt so direkten Bezug auf die Analyse der Fischereiwirtschaft durch die Bundesregierung. Die BLE veröffentlicht in ihrem Jahresbericht über Fischerei und Fischwirtschaft den aktuellen Selbstversorgungsgrad Deutschlands mit Fischereierzeugnissen.
Selbstversorgungsgrad
Laut dem evangelischem Hilfswerk „Brot für die Welt“, dem Verein „Fair Oceans“ und dem Netzwerk „Slow Food Deutschland“ sind wir in Deutschland seit dem 11. März auf Importware angewiesen – sechs Tage früher als im Vorjahr. Berechnungen der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) zufolge liegt der bestimmte Selbstversorgungsgrad mit Fisch und Fischerzeugnissen im Jahr 2022 bei nur noch 19 Prozent. Das macht Deutschland zu einem der größten Importeure (Importländer sind vor allem Norwegen, Vietnam, Griechenland und Kroatien) von Fischereiprodukten auf dem Weltmarkt.
Ein primärer Grund für die aufgebrauchten Ressourcen im Allgemeinen ist, dass der Fischkonsum steigt und gleichzeitig die Versorgung aus natürlichen Quellen zurückgeht. Überfischung führt zu geringeren Fangquoten und auch Wasserverschmutzungen und der Klimawandel beeinträchtigen den natürlichen Lebensraum von Fischen und damit auch deren Fortpflanzungsmöglichkeiten. Speziell in Deutschland gibt es zudem überhaupt nur wenige Produzenten in der Aquakultur. Auch die Nord- oder Ostseebestände verringern sich immer weiter.
Erzeugung in Deutschland
Laut Statistischem Bundesamt gab es 2020 in Deutschland rund 2300 Aquakulturbetriebe, die rund 18.600 Tonnen Fisch erzeugt haben. Damit sank die Zahl um etwa 200 Betrieb, was – 8,7 % gegenüber dem Vorjahr entspricht. Es gibt derzeit in Summe überhaupt nur 3 Kreislaufanlagen für Fisch in Deutschland. Die Mehrheit der 2300 Aquakulturbetriebe sind Süßwasserzuchten, darunter vor allem Teiche (z.B. Forellen) und Fließkanäle.
Um den Selbstversorgungsgrad zu erhöhen, legte die deutsche Bundesregierung bereits 2014 in ihrem „Nationalen Strategieplan Aquakultur (NASTAQ)“ das Ziel fest, die inländische Produktion in Kreislaufanagen bis 2020 auf 20.000 Tonnen zu erhöhen. Bis dato wurden hier lediglich knapp 15 Prozent der anvisierten 20.000 t Jahresproduktion erreicht. Laut der Fortführung des NASTAQ von 2021 ist insgesamt von einem durchschnittlichen Selbstversorgungsgrad bei Süßwasserfischen von 20 bis 25 % auszugehen, während eine marine Aquakultur als praktisch nicht existent beschrieben wird, der Selbstversorgungsgrad in Deutschland ist hier quasi 0 %.
Notwendigkeit alternativer Zuchtmöglichkeiten
Gerade in Krisen- und Kriegszeiten, wie wir sie aktuell haben, zeigt sich, dass eine zu große Abhängigkeit von Importen aus dem Ausland zu einer Gefahr für die Bevölkerung werden kann. Aquakultur ist im Bereich der tierischen Proteine der Schlüssel für eine unabhängige und beständige Eigenversorgung – vorausgesetzt, sie wird nachhaltig und verantwortungsvoll betrieben.
Um die Abhängigkeit Deutschlands von Fischimporten aus dem Ausland zu reduzieren, ist dringend ein Ausbau der geschlossenen Kreislaufsysteme voranzutreiben. Diese haben viele Vorteile gegenüber traditionellen Systemen: sie agieren umweltunabhängig, stellen mittels digitaler Unterstützung einen kontrollierten Lebensraum bereit, produzieren planbar und vermeiden negative Beeinträchtigungen natürlicher Ökosysteme durch Ausscheidungen der Tiere und Antibiotika, wofür Lachfarmen häufig in der Kritik stehen.
Um den Ausbau innovativer Systeme voranzutreiben, ist vor allem auch die Information und Aufklärung der Bevölkerung notwendig. Erst wenn die Verbraucher verstehen, warum es regionale Zuchten braucht und welche die Vorteile dieser sind, wird aufgrund einer steigenden Nachfrage auch das Angebot zunehmen. Zusätzlich ist es an der Politik, entsprechende Anreize zu setzen – sowohl durch Investitionszuschüsse für Vorreiter bei der Einführung innovativer Agrar-Technologien, als auch beispielsweise durch eine niedrigere Mehrwertsteuer bei nachhaltigen Lebensmitteln, sodass auch die Verbraucher bei der Auswahl regional und nachhaltig hergestellter Lebensmittel belohnt werden.
Weiterführende Informationen
Erfahre mehr zu innovativer Aquakultur im Container.
Referenzen
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www.brot-fuer-die-welt.de
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www.slowfood.de
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www.fair-oceans.info
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Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, „Nationaler Strategieplan Aquakultur für Deutschland (2014)“: https://www.portal-fischerei.de/fileadmin/SITE_MASTER/content/Dokumente/Bund/Aquakultur/NASTAQ_2021-2030.pdf, abgerufen 09.05.22
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https://www.destatis.de/DE/Themen/Branchen-Unternehmen/Landwirtschaft-Forstwirtschaft-Fischerei/Fischerei/_inhalt.html;jsessionid=093F9912750C3959FCDE16DDFEED47A6.live732, abgerufen 09.05.22
- Bildquelle: SEAWATER Cubes