Regionaler Meeresfisch – aus dem Becken auf den Tisch
Im Hinblick auf die großen Herausforderungen von Umweltzerstörung und Klimawandel ist für die kommenden Jahrzehnte ein Fahrplan mit dem Ziel einer modernen sowie ressourceneffizienten Zukunft gefordert. Das passende Konzept für Europa soll der Green Deal sein, dessen Zweck wir bereits im vorherigen Blogbeitrag Der „Green Deal“ als neue Wachstumsstrategie für Europa erläutert haben. Mit dem SEAWATER Cube adressieren wir zwei Ziele des Aktionsplans, nämlich die „Vom Hof auf den Tisch“ Strategie sowie die EU-Biodiversitätsstrategie für 2030. Nachfolgend geben wir einen detaillierten Überblick, welche Ziele die „Vom Hof auf den Tisch“ Strategie beinhaltet und wie unser Konzept dazu beiträgt, diese Ziele zu erreichen.
Die „Vom Hof auf den Tisch“ Strategie
Diese Strategie hat die Sicherstellung einer nachhaltigeren Lebensmittelkette in der EU als übergeordnete Agenda. Laut EU werden im Rahmen dieser Strategie „die Regulierungs- und sonstigen Maßnahmen festgelegt, die erforderlich sind, um effizientere, klimaschonende Systeme zu schaffen, die gesunde Lebensmittel liefern und gleichzeitig den Landwirten und Fischern in der EU einen angemessenen Lebensunterhalt ermöglichen.“ (EU Kommission)
Es lassen sich folgende allgemein definierte Unterziele und Maßnahmen finden:
- Gewährleistung einer nachhaltigen und bezahlbaren Lebensmittelversorgung
- Bekämpfung des Klimawandels
- Stärkung des Umweltschutzes
- Erhaltung der Biodiversität
- Erhöhung des Anteils des ökologischen Landbaus
- Gerechte Einkommen in der Lebensmittelkette
Der Beitrag von SEAWATER Cubes zur „Vom Hof auf den Tisch“ Strategie lässt sich anhand einer Vielzahl an konkret ausgestalteten Punkten messen:
Tierwohl verbessen: Die maximale Besatzdichte im SEAWATER Cube liegt mit 65 kg/m³ rund 35% unter dem Limit von 100 kg/ m³, ab dem in der Literatur erstmalig negative Effekte auf das Tierwohl berichtet worden sind. Danke der technologisch ausgereiften Filter wird außerdem die Ausbreitung von schädlichen Bakterien und Krankheitserregern vermieden. Die Tiere wachsen in klarem Wasser und ohne Stress auf. So werden sie nicht krank und der Einsatz von Medikamenten und Antibiotika kann vollständig vermieden werden.
Lebensmittelqualität optimieren: Die Produktion von Fischen in einer Kreislaufanlage ist durch ein hohes Maß an Kontrolle gekennzeichnet. Externe schädliche Einflüsse auf die Tiere durch Mikroplastik, Schweröl oder Schwermetalle sind durch die Abgeschlossenheit des Systems nicht vorhanden. Die stressfreien Lebensbedingungen und die bedarfsgerechte Fütterung der Tiere sorgen für eine stabile Gesundheit und ein hochwertiges Produkt (Proteingehalt im Schlachtfisch = 19,4%). Aufgrund des klaren Wassers haben die Tiere auch keinen modrigen Beigeschmack und müssen vor dem Abfischen nicht ausgehältert werden. Der Laborverbund LADR ist für die Lebensmittelanalytik unseres Fischs verantwortlich und bestätigt in regelmäßigen Analysen seine Reinheit.
Frische maximieren, Lebensmittelabfälle reduzieren: SEAWATER Fish wird dezentral gezüchtet und ist somit in direkter Nähe zum Konsumenten erhältlich. Er wird nach Bedarf bzw. nur auf Bestellung abgefischt. Dadurch können Ausschuss und unnötige Lebensmittelabfälle vermieden werden. Zudem wird die Frische verlängert. Die Haltbarkeit der Fische aus dem SEAWATER Cube ist bei richtiger Lagerung mit 10 Tagen zwei bis drei Mal länger als bei konventioneller Ware.
Bessere Lagerung und umweltfreundliche Verpackung: Zum SEAWATER Cube gibt es einen passenden Verarbeitungscontainer in unserem Angebot, der neben Geräten mit einem Kühlhaus ausgestattet ist. Dadurch kann eine ununterbrochene und fachgerechte Lagerung zwischen Abfischen und Vermarktung sichergestellt werden. SEAWATER Fish lagert im Kühlhaus in wiederverwendbaren Kisten aus lebensmittelechtem Kunststoff und wird in ebensolchen ausgeliefert (anstelle von Styroporboxen). Bei 0°C liegen die Tiere auf Eis und werden so ideal gekühlt (aber nicht tiefgefroren). Durch das abfließende Schmelzwasser wird die Oberfläche stets feucht gehalten. In der Vermarktung arbeiten wir zudem mit umweltfreundlichen Materialien und reduzieren den Anteil an Kunststoffverpackungen um rund 70 %. Die ganzen Fische werden in Bienenwachspapier eingewickelt an den Kunden übergeben. Das Papier ist biologisch abbaubar und kann auf dem Komposter oder im Biomüll entsorgt werden.
Transport minimieren: In Mitteleuropa gibt es eine hohe Nachfrage nach Meeresfisch, auch im Inland. Diese wird oft durch Importe über lange Strecken mit einem hohen CO2 Abdruck gedeckt. Die standortunabhängige und konsumentennahe Produktion von Meeresfisch im SEAWATER Cube kann solche Emissionen stark reduzieren. Ein Beispiel verdeutlicht dies: Im Vergleich zum Import von Fisch aus Norwegen nach Paris (Flugzeug, 1700 km, 13.5 kg CO2/kg Fisch) können durch den Kauf von Fisch aus einem lokalen SEAWATER Cube (PKW, 20 km, 0.29 kg CO2/kg Fisch) ganze 97,9 % der sonst anfallenden Emissionen vermieden werden. (Berechnungsquellen: atmosfair | arktik)
Konsumentenbewusstsein für Produktionsprozesse schaffen: Wir bei SEAWATER leben Transparenz und Offenheit. So wird jedem Interessenten bzw. Kunden ermöglicht, die Anlage zu besichtigen und sich selbst ein Bild von den optimalen Haltungsbedingungen zu machen. Daneben soll ein umfangreiches Informationsangebot zu Themen rund um die Aquakultur dazu beitragen, Verbraucher über die Herkunft von Fisch als Lebensmittel aufzuklären und ein Umdenken der Konsumenten hin zu einem bewussteren und nachhaltigeren Fischkonsum zu bewegen.
Alternative Geschäftsmodelle für Fisch- und Landwirte bieten: Der SEAWATER Cube ist aus der Nachfrage von Landwirten nach neuen Betätigungsfeldern in der Aquakultur entstanden. Für sie ist der Cube dank der kompakten Maße und der regionalen Produktionsmenge eine interessante Möglichkeit, den bestehenden Betrieb zu erweitern und das Produktangebot auszubauen. Fischern, die aufgrund von Klimawandel und Überfischung unter sinkenden Erträgen leiden, erhalten durch unsere Anlage die Möglichkeit, sich bei einem überschaubaren Invest von 250.000 € ein alternatives Geschäft mit einem attraktiven Einkommen für 1,25 Personen aufzubauen.
Neue Produkte auf pflanzlicher Basis ermöglichen: Der modulare und standardisierte Aufbau der SEAWATER Anlagen sowie deren effiziente Wasseraufbereitung ermöglichen die Kopplung der Fischzucht mit der Algen- oder Pflanzenproduktion. Durch die Einleitung des nährstoffreichen Abwassers aus der Fischzucht in Algenreaktoren oder Aquaponic-Systeme lässt sich die Wasser- und Nährstoff-Nutzungseffizienz des SEAWATER Cubes noch weiter steigern. Zusätzlich kann das Angebot auf Seiten des Betreibers um weitere lokal erzeugte und gesunde Produkte (z.B. Salicornia, auch Queller oder Meeresspargel genannt) erweitert werden. Ein SEAWATER Cube kann jährlich bis zu 77 t Pflanzenbiomasse mit Nitrat und Phosphor versorgen.
Laut EU spielen „Landwirte, Fischer und Aquakulturproduzenten […] eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung des Grünen Deals.“ Angeblich sollen 30 % der Mittel aus dem Meeres- und Fischereifonds für Klimaziele aufgewendet werden. Das wäre erfreulich, hierfür sind jedoch noch einige bürokratische Weichen zu stellen, denn die momentane Umsetzung der Richtlinie ist auf Ebene der Bundesländer und damit sehr unterschiedlich ausgestaltet. Teilweise werden Salzwasseranlagen sogar grundsätzlich von einer Förderung ausgenommen.
Wie die zuvor aufgelisteten Punkte zeigen, können wir mit dem SEAWATER Cube einen großen Beitrag dazu leisten, die Ziele der „Vom Hof auf den Tisch“ Strategie zu erreichen. Um diese jedoch auch im Zeitplan zu erfüllen, ist ein proaktives und anwendungsorientiertes Vorgehen wichtig. Startups müssen die Chance bekommen, ihre Innovationen durch geförderte Pilotprojekte zusammen mit Kunden in den Markt zu bringen. Bürokratie muss abgebaut und Risiken eingegangen werden. Wir hoffen darauf, dass durch die EU die Weichen für künftige Anlagenbetreiber bzw. Aquakultur-Investoren freundlich gestaltet werden. Eine finale Richtlinie zum EMFF ist aktuell noch nicht online zu finden (Stand 15.03.2021). Erste Informationen zum geplanten Fonds sind jedoch hier schon veröffentlicht.
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Referenzen
- Waller et. al – Integrated multi-trophic aquaculture in a zero-exchange recirculation aquaculture system for marine fish and hydroponic halophyte production, Aquaculture International 23, (2015)
- EU-Kommission, Nachhaltige Lebensmittel – Strategie „Vom Hof auf den Tisch“
- https://www.oekolandbau.de/verarbeitung/unternehmen/vom-hof-auf-den-tisch-eine-strategie-fuer-die-zukunft/, abgerufen am 11.03.21
Bildquelle: SEAWATER Cubes