Aquaponik – Gekoppelte Kreisläufe von Fisch und Pflanze
Dass es um die Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft in den letzten Jahrzehnten nicht immer ideal bestellt ist, ist wohl mittlerweile allgemein bekannt. Insbesondere hinsichtlich des Wasser- und Landbedarfs gibt es offensichtliche Probleme, welche vor allem in Ländern mit bereits bestehender Ressourcenknappheit klar erkennbar sind. Diese Probleme werden sich angesichts der großen globalen Herausforderungen unserer Zeit, allen voran der Klimakrise und des Artensterbens, vermutlich in Zukunft noch verschärfen. Doch wie kann man dem entgegenwirken und eine nachhaltige Landwirtschaft ermöglichen? Ein innovativer Lösungsansatz ist die Aquaponik. Sie ruft seit einigen Jahren verstärkt ein globales Interesse bei Privatpersonen, Wissenschaftlern und Unternehmern hervor und wird als eine der attraktivsten Alternativen angesehen, die Landwirtschaft von Morgen zu verwirklichen. Nachfolgend erläutern wir näher, was Aquaponik genau ist und wie solche Systeme aufgebaut sind.
Was ist Aquaponik?
Aquaponik ist eine neuartige und nachhalte Methode der Lebensmittelproduktion und im Wesentlichen die Kombination von zwei bewährten landwirtschaftlichen Methoden: der Aquakultur, also der Aufzucht von aquatischen Organismen, und der Hydroponik, der erdlosen Produktion von Pflanzen mithilfe einer wässrigen Nährstofflösung. Der Begriff selbst ist ein Kofferwort, zusammengesetzt aus den Namen der beiden Methoden (Aquaponik = Aquakultur + Hydroponik).
Aquaponik löst durch die Kombination zweier Produktionsverfahren für Lebensmittel bestehende Nachhaltigkeitsprobleme der Einzelsysteme. Im Falle der Fischzucht gelangen häufig (z.B. bei Netzkäfigen im Meer) die Ausscheidungen der Tiere, welche reich an Pflanzennährstoffen sind, in die Umwelt und führen dort zu einer Überdüngung. Im Fall der Pflanzenzucht besteht eine Abhängigkeit von mineralischen Düngemitteln, welche die Pflanzen für ein optimales Wachstum benötigen. Aquaponik führt das Abwasser aus der Fischzucht den Pflanzen zur Bewässerung zu, sodass die Pflanzen die Ausscheidungen der Tiere als Dünger nutzen können und keine überflüssigen bzw. unverwertete Nährstoffe in die Umwelt gelangen. Die Pflanzen können die Nährstoffe dabei sehr effizient und ohne viel Energieaufwand aufnehmen, da diese bereits gelöst sind.
Der Aufbau eines Aquaponik Systems
Aquaponik-Systeme lassen sich grundsätzlich recht einfach verwirklichen, da beide Methoden Wasser als zentrales Medium nutzen. Hierbei kann zu großen Teilen auf bestehende Komponenten und Bauteile der Aquakulturtechnik zurückgegriffen werden.
Am Anfang eines Aquaponik Systems steht ein Fischbecken. Dieses wird belüftet, damit die Tiere Sauerstoff zum Atmen haben. Die Tiere fressen Fischfutter und scheiden dieses aus. Der Kot der Fische gelangt, zusammen mit anderen Abfallstoffen wie Urin und Futterresten, in das Wasser und wird in den Biofilter geleitet. Dieser wandelt das Urin der Tiere (Ammonium/Ammoniak) in Nitrat um. Anschließend wird ein Teil des Wassers über den Abschäumer geleitet, dieser entfernt Bakterien und Partikel aus dem Wasser. Ein anderer Teilstrom fließt in einen Pflanzenbehälter und gelangt dort zu den Wurzeln. In manchen Systemen sitzen die Pflanzen in einem nichtaufschwimmenden Substrat (z.B. Blähton oder Kies) und werden über Tropfventile bewässert, in anderen Systemen sitzen die Pflanzen in gelöcherten Röhren und die Wurzeln werden kontinuierlich mit dem Wasser umspült.
Aufbau des SEAWATER Aquaponik-Kompaktsystems
Den Zusammenbau eines Aquaponik-Systems bekommen praktisch veranlagte Hobbygärtner oder Angler bei Bedarf auch selbst gemeistert. Wenn es um den Betrieb geht, ist jedoch ein tieferes Verständnis der biologischen Prozesse notwendig. So müssen die Nährstoffflüsse, die in einem solchen System stattfinden sehr genau berechnet werden, um sowohl den Pflanzen als auch den Fischen optimale Wachstumsbedingungen zu bieten. Hierbei sollte je nach Fischart auf entsprechende Expertise zurückgegriffen werden.
Die Vorteile von geschlossenen Kreisläufen
Aquaponik vereint viele Vorteile und kann damit die künftige Landwirtschaft nachhaltig prägen. Solche Systeme sind:
✓ Zerowaste: Sie helfen, in geschlossenen Kreisläufen zu denken und regen dazu an, Lösungen für Reststoffe aus der Lebensmittelproduktion zu finden.
✓ Ressourceneffizient: Auch Wasser wird sehr sparsam genutzt, außer durch Verdunstung oder die Aufnahme der Pflanzen geht in geschlossenen Systemen kein Wasser verloren. Im Gegenteil, es wird immer wieder gereinigt und im Kreis geführt.
✓ Umweltschonend: Auch eine Eutrophierung der Böden (= Überdüngung) wird vermieden, da die Pflanzen Nitrat und Phosphor verwerten und dieses über das Abwasser nicht ins Grundwasser gelangt.
✓ Emissionsfrei: Das von den Fischen ausgeatmete CO2 wird von den Pflanzen zu Sauerstoff umgesetzt.
✓ Antibiotikafrei: Grundsätzlich sollten Fischzuchten immer so ausgelegt und betrieben werden, dass die Fische unter optimalen Bedingungen aufwachsen und nicht krank werden. Durch die Integration von Biofiltern und Pflanzen wird jedoch der Einsatz von Antibiotika gänzlich vermieden, da diese sonst den Bakterien oder Gemüsesorten schaden und deren Wachstum hemmen würden.
Welche Arten von Aquaponik gibt es?
Die bisher bekannte Art von Aquaponik wird schon in vereinzelten Großprojekten umgesetzt und findet im Süßwasser statt. Beliebte Fischarten hierfür sind Zander, Wels und Tilapia. Als Gemüse werden bei dieser Aquaponik-Art häufig Salate, Tomaten oder Kräuter gezüchtet. Es gibt aber auch spannende neuartige Typen von Aquaponik, die bereits in Entwicklung sind. Hierzu gehören Systeme, die salzhaltiges Wasser verwenden (Salzwasser Aquaponik – Maraponik, Brackwasser Aquaponik – Haloponik) oder Systeme die Würmer (Vermiponik) oder Algen (Algeaponik) beinhalten.
Auch wir beschäftigen uns schon seit einigen Jahren in der Forschung mit der Kopplung von Fisch- und Pflanzenzucht. Jedoch agieren wir hierbei als eine der ersten Gruppen in Deutschland im Salzwasserbereich. Hierin sehen wir ein enormes Potenzial: einerseits durch die Hervorbringung attraktiver Gemüsepflanzen (wie zum Beispiel dem Meeresspargel) oder Algen und andererseits durch die Verbesserung des ökologischen Fußabdrucks der Fischzucht in landbasierten Anlagen.
Im Rahmen des IBA Future Labs der htw saar haben wir bereits einen ersten Demonstrator unserer Aquaponik-Technologie aufgebaut. Die Anlage wird im innerhalb eines partizipativen Zukunftslabors (FUTURE LAB) im Weltkulturerbe Völklinger Hütte präsentiert. und zeigt, wie die moderne Nahrungsmittelversorgungaussehen kann.
„Das Projekt IBA32 zeigt Möglichkeiten für die zukünftige Versorgung in urbanen Räumen. Der SEAWATER Kreislauf, eine moderne Technologie für die regionale Produktion von frischem Fisch, ist passgenau zu diesen Visionen. SEAWATER Cubes zeigt im Weltkulturerbe Völklingen mit seiner Kompakt-Aquaponik-Anlage, wie die integrierte Produktion der Zukunft aussehen kann: Nährstoffe aus dem Prozess der Fischproduktion fließen in die Produktion von Gemüse, Salaten, Früchten, ähnlich wie in natürlichen Ökosystemen. Aquaponik ist DAS Konzept für die nachhaltige Ernährung und den effizienten Umgang mit wertvollen Ressourcen.“
(Prof. Dr. Uwe Waller, Mentor und Meeresbiologe“)
Wie sieht die Zukunft gekoppelter Systeme aus?
Mit der wachsenden Bevölkerung und der zunehmenden Urbanisierung werden die Herausforderungen für eine nachhaltige Lebensmittelversorgung immer größer. Aquaponik-Systeme sind gut geeignet, um sie auf kleiner Fläche auch in Städten aufzustellen. Dort können sie dezentral die Menschen versorgen und Transportwege auf ein Minimum reduzieren. Dank des geringen Wasserverbrauches ist auch in eher trockenen Regionen die Nutzung von Flächen zur Aufstellung von Aquaponik denkbar.
Bis dato gibt es allerdings noch keine technisch-automatisierten, serienreifen Systeme, die wenig Arbeit machen und eine Wirtschaftlichkeit beider Produktionseinheiten (Fisch & Pflanze) darstellen können. In Pilotprojekten gilt es künftig genaue Größen für alle relevanten Betriebsparameter und Marktpreise zu ermitteln sowie mit den Erzeugnissen aus größeren Demonstratoren auch Verkaufstests im Absatzmarkt durchzuführen. Container erscheinen als spannende Lösung für eine moderne Pflanzenzucht, die vertikal arbeitet und neben eine containerisierte Fischzucht gestellt werden kann. Mal schauen, wann bzw. mit welchen Partnern wir das Thema im größeren Stil angehen können…
Weitere Informationen zum IBA Future Lab
Erfahre mehr über das partizipative Zukunftslabor im Weltkulturerbe Völklinger Hütte.
Referenzen
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Goddek, Simon, Alyssa Joyce, Sven Wuertz, Oliver Körner, Ingo Bläser, Michael Reuter, and Karel J. Keesman. 2019. ‚Decoupled Aquaponics Systems.‘ in Simon Goddek, Alyssa Joyce, Benz Kotzen and Gavin M. Burnell (eds.), Aquaponics Food Production Systems: Combined Aquaculture and Hydroponic Production Technologies for the Future (Springer International Publishing: Cham).
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Joyce, Alyssa, Simon Goddek, Benz Kotzen, and Sven Wuertz. 2019. ‚Aquaponics: Closing the Cycle on Limited Water, Land and Nutrient Resources.‘ in Simon Goddek, Alyssa Joyce, Benz Kotzen and Gavin M. Burnell (eds.), Aquaponics Food Production Systems: Combined Aquaculture and Hydroponic Production Technologies for the Future (Springer International Publishing: Cham)
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Lennard, Wilson, and Simon Goddek. 2019. ‚Aquaponics: The Basics.‘ in Simon Goddek, Alyssa Joyce, Benz Kotzen and Gavin M. Burnell (eds.), Aquaponics Food Production Systems: Combined Aquaculture and Hydroponic Production Technologies for the Future (Springer International Publishing: Cham).
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Maucieri, Carmelo, Carlo Nicoletto, Erik van Os, Dieter Anseeuw, Robin Van Havermaet, and Ranka Junge. 2019. ‚Hydroponic Technologies.‘ in Simon Goddek, Alyssa Joyce, Benz Kotzen and Gavin M. Burnell (eds.), Aquaponics Food Production Systems: Combined Aquaculture and Hydroponic Production Technologies for the Future (Springer International Publishing: Cham).
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https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/bauern-landwirtschaft-nachhaltigkeit‑1.4520651, abgerufen am 20.05.21
- Bildquelle: SEAWATER Cubes