Mittelmeerfisch aus dem Saarland – wie diese Gründer daraus ein Geschäft machen
Gründerszene
Drei Saarländer bauen mit SEAWATER Cubes Anlagen, mit denen Landwirte fernab jeder Küste Mittelmeerfisch züchten können. Verkauft wird der über eine Digitalplattform.
Der Ansatz, Lebensmittel möglichst saisonal und regional zu kaufen, ist zweifellos gut. In Sachen Ökobilanz und Nachhaltigkeit. Nicht so sehr allerdings, was Geschmack und Abwechslung angeht. Wer möchte schon den ganzen, grau-kalten deutschen Winter über Kartoffeln, Steckrüben und immer wieder Kohl essen?
Da kommt die Idee dieses saarländischen Gründertrios gerade recht: Sie wollen es ermöglichen, mediterran zu genießen, aber regional zu konsumieren. In ihren SEAWATER Cubes kann man Mittelmeerfisch wie Dorade, Wolfsbarsch oder Barramundi züchten – im Saarland, dem Harz, in Oberbayern oder im Rheinland. Nachhaltig sei das, weil lange Transportwege wegfallen und die Überfischung der Meere gebremst wird.
Die schlüsselfertige und kompakte Fischzuchtanlage, die das Startup aus Saarbrücken verkauft, ist eine Alternative zu großen Aquakulturanlagen und spricht eine ganze neue Kundengruppe an. Landwirte, zum Beispiel, die auf der Suche nach einer alternativen Verdienstmöglichkeit sind. So der Pitch von Carolin Ackermann und ihren Co-Gründern Christian Steinbach und Kai Wagner. Die Betriebswirtin und die beiden Ingenieure fanden über die Hochschule für Technik und Wissenschaft des Saarlandes zusammen. „Wir schauen mit einem anderen Blick auf das Thema, weil wir keine Fischwirte oder Biologen sind“, so Ackermann im Gespräch mit Gründerszene.
Vom Frachtschiff zum Prachtfisch
Der SEAWATER Cube besteht aus eigentlich vier Würfeln, vier ausrangierten Schiffscontainern. Die eigenen sich als Fischtanks, weil die Kühlcontainer bereits gut isoliert sind und mit Aluminium verkleidet. Das korrodiert beim Kontakt mit Salzwasser nicht. In drei der Container schwimmen Fische nach Altersgruppen getrennt. Im vierten ist die Technik untergebracht: Ein digitales Steuerungssystem übernimmt den größten Teil der bei einer Fischzucht anfallenden Arbeit, von Füttern über Pflege der Wasserqualität bin hin zur Prüfung von Sauerstoffgehalt und Strömung. Laut Hersteller hätten Betreiber nur etwa acht Stunden pro Woche Arbeit mit ihren Fischen. Mit der Digitalisierung der Fischzucht und der modernen Technologie des Wasserkreislaufsystems in den Becken sei Seawater Cubes den meisten Anbietern im Bereich Aquakultur voraus, so Ackermann. Und was die Cubes auch von anderen Fischzuchtanlagen unterscheidet: Sie sind klein. Ganz absichtlich. So kann das Thema dezentral gedacht werden.
Auf einer Fläche von 100m² können Züchter rund 7,8 Tonnen Fisch pro Jahr produzieren, rechnet Ackermann vor. Das Anfangsinvest betrage etwa 350.000 Euro für Anlage, „Schlachtmittel“ (gehört ja auch dazu) und Vorfinanzierung von Betriebsmitteln. In der Folge lägen die Betriebskosten zwischen 80.000 und 100.000 Euro, abhängig von wesentlichen Faktoren wie anfallender oder eben nicht anfallender Miete für die Stellfläche und Energiekosten. Betreiber mit eigener Photovoltaikanlage sind im Vorteil. Je nach Absatzmodell sei eine Rendite von zehn bis 15 Prozent möglich, sagt Carolin Ackermann.
Zuchtbecken weitergedacht: Franchisesystem für Fischvermarktung
„Wir empfehlen unseren Kunden den Verkauf an den Endverbraucher direkt“, so die CEO weiter. Dafür hat SEAWATER Cubes sein Geschäftsmodell erweitert. Das Startup betreibt auch die Seite SEAWATER Fish und ist dabei, diese zu einer Vertriebsplattform für ihre Fischzüchter auszubauen. Denn viele potentielle Mittelmeerfischer aus dem Binnenland fragten sich: Wie kriege ich meine Doraden denn verkauft? Mit der eigenen Plattform könne man den Kunden von Start weg bei Marketing und Vertrieb unter die Arme greifen, so Ackermann. Perspektivisch solle hier eine Art Franchisemodell wachsen.
Denn bislang stehen die Fischtankmacher noch vor einem Problem: Der Lebensmitteleinzelhandel will nicht so recht. Weder ließen sich Einzelhändler überzeugen, selbst Fischzucht zu betreiben, ähnlich dem Modell des Urban Farming-Unicorns Infarm, das etwa die Metro mit bläulich schimmernden Vertikal-Gewächshäusern für Küchenkräuter ausgestattet hat. Noch wollten die großen Handelsketten den verzehrfertigen Barramundi aus dem deutschen Binnenland verkaufen. „Die Ware aus Griechenland ist günstiger, das muss man sagen. Für die Mehrheit der Konsumenten schlägt da der Preis das Argument Regionalität“, so die Betriebswirtin. „Noch!“ fügt sie hinzu. Denn es gäbe immer mehr Verbraucher, die darauf und auf hohe Qualität setzen.
Die könne SEAWATER Cubes garantieren. Der Mittelmeerfisch aus dem Container mag zwar nicht den Sonnenuntergang vor Elba gesehen haben, aber: „Der Fisch wächst unter kontrollierten Bedingungen auf, wir wissen ganz genau, was rein geht. Das kann man im Mittelmeer nicht sagen. Da weiß man nicht: Welches Mikroplastik hat er gefressen? Durch welche Ölteppiche ist er geschwommen?“ Vor diesem Hintergrund hofft Ackermann auf die EU: Noch ist es gemäß der EU-Ökoleitlinie nicht möglich Fisch aus einer Kreislaufaquakultur als bio zu zertifizieren. Sollte sich das ändern, eröffne sich mit den Biomärkten ein interessanter Absatzmarkt.
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